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Es könnte alles so schön sein - Editorial IT Spektrum 4/2024

Eine Ausprägung von Platform Engineering sind Developer Platforms, die meist mit dem Argument angepriesen werden, Entwicklerinnen und Entwickler "produktiver" sprich schneller beziehungsweise effizienter zu machen. Einmal mehr die alte Leier vom langsamen, teuren Entwickler (m/w/d). Da rennen die meisten Firmen mit Tempo 250 aktionistisch in irgendeine Richtung und anstatt mal zu schauen, ob man in die richtige Richtung rennt, wenn der gewünschte Erfolg ausbleibt, werden immer nur reflexartig die Entwickler gepeitscht, dass sie zu langsam wären, dass sie jetzt gefälligst mit Tempo 300 die Features umsetzen sollten. Dann würde alles gut.

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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum


  • 21.06.2024
  • Lesezeit: 2 Minuten
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Wird es natürlich nicht. Sie glauben mir nicht? Ist alles belegt. Ron Kohavi hat in seinem Buch "Trustworthy Online Controlled Experiments" beschrieben, dass die mit Abstand besten Unternehmen, also die, die kontinuierlich ihre Feature-Hypothesen messen und validieren, bei ihren Features auf eine Nutzleistungsquote von etwa 33 Prozent kommen. Im "Pendo 2019 Feature Adoption Report" können wir nachlesen, dass Firmen, die überhaupt ihre Feature-Nutzungsrate messen, auf eine Nutzleistungsquote von etwa 20 Prozent kommen. Entsprechend können wir bei der Mehrzahl der Firmen, die nicht messen, wie erfolgreich die mit Tempo 250 durch die IT durchgeprügelten Features sind, von einer noch niedrigeren Nutzleistungsquote ausgehen.

Anders ausgedrückt: Die Blind- und Fehlleistungsquote bei den Features, die stets so dringend umgesetzt werden müssen, liegt bei 80 bis 90 Prozent. 80 bis 90 Prozent der Zeit werden also mit Hochdruck die sprichwörtlichen Reissäcke in China umgeschubst oder gar Kunden verärgert, sprich Geschäftswert zerstört. Und das will man dann auf Teufel komm raus beschleunigen, sei es mit Agilität, mit DevOps, mit Low Code/No Code, mit KI oder halt mit Platform Engineering. Na super, denke ich mir da als Kunde, werde ich halt noch schneller verärgert als zuvor.

Dabei bietet Platform Engineering einen wunderbaren Hebel, um die unter ihrer Komplexität ächzenden IT-Systemlandschaften der Unternehmen sukzessive zu vereinfachen. Indem ich den Entwicklern gute vorgefertigte Lösungen für aufwendige, aber wenig Geschäftswert stiftende Aufgabenstellungen anbiete wie Security, Compliance, Fehlertoleranz, Observability usw., kann ich ohne drohende Worte oder Druck dafür sorgen, dass weniger ungewollter Wildwuchs entsteht, weil nicht alle Projekte das Rad immer wieder neu erfinden (müssen). Gleichzeitig sinkt noch die mentale Last bei den Entwicklern, was sich gut auf deren Kreativität und Produktivität (jetzt im konstruktiven Sinne) auswirkt.

Das wäre doch einmal etwas. Alle – von den Entwicklern über den Betrieb und Fachbereichen bis hin zu CIO und CEO – würden gewinnen. Aber wahrscheinlich wird einfach nur weiter !Tempo 300" geschrien und das Spiel, bei dem alle verlieren, geht weiter.

Uwe Friedrichsen
Herausgeber

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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum
Zu Inhalten

Uwe Friedrichsen ist CTO und Softwerker der codecentric AG. Seit der Ausgabe 5/2018 ist er Herausgeber der IT-Fachzeitschrift IT Spektrum, ehemals OBJEKTspektrum.


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